"Schlafen
nur im äußersten Notfall"
Weltgemeinde der
Computer-Freaks gastiert ein Wochenende auf dem Dromersheimer
Hörnchen
Rund 1000 Computer-Experten
aus der ganzen Welt trafen sich in Bingen zum kreativen
Kräftemessen.
Foto: hbz/Kristina Schäfer
Vom 13.04.2004
DROMERSHEIM Am Computer sitzt ein Jeder. Sei es bei der
Arbeit, zur Erledigung der Steuererklärung, auf der Jagd nach
Schnäppchen im Internet oder für ein entspannendes Spielchen.
Was echte Experten allerdings mit "der Kiste" anstellen, war
am Osterwochenende in Dromersheim zu besichtigen. Es hat mit
der Durchschnittsnutzung so viel zu tun, wie die Fahrt zum
Supermarkt mit einem Formel1-Rennen.
Von
Steffi Schardt
Die Entwicklung der Computer-Technik bietet einen ständig
neuen Anreiz für Tüftler jeder Altersstufe. Für rund 1000
Computerfreaks aus 33 Ländern war das verlängerte
"Breakpoint"-Wochenende auf dem Dromersheimer "Hörnchen"
deswegen das schönste Ostergeschenk. Die elfte Auflage des
internationalen Festivals gab ihnen die Gelegenheit, mehrere
Tage - und Nächte - am Stück in die Welt der Computeranimation
einzutauchen und Erarbeitetes unter Gleichgesinnten zu
optimieren und fertig zu stellen.
Kreativität und KoffeinMit mindestens einem
leistungsstarken PC, viel Koffein und Zigaretten und noch mehr
kreativem Gedankengut bewaffnet machten es sich die Teilnehmer
des Festivals in einem großen dunklen Zelt des alten
Bundeswehrdepots "gemütlich". Was für den Außenstehenden eher
unattraktiv wirkt, spiegelt die absolute Begeisterung für die
Computerwelt wieder: Stickige Luft, keine Beleuchtung, dafür
laute Musik. Auf kleiner Fläche essen, trinken, arbeiten und
schlafen. "Aber schlafen nur im äußersten Notfall", grinst ein
sichtlich erschöpfter Besucher. Schließlich haben die Fans
lange Zeit sehnsüchtig auf dieses Event gewartet.
Aber was genau machen die unzähligen Menschen fast
pausenlos hinter ihren Monitoren? Ekkehard Brüggemann, einer
der Organisatoren, erklärt geduldig die Vorgänge auf dem
Gelände für Otto- Normal-User. "Unsere Teilnehmer splitten
sich grundsätzlich in drei verschiedene Gruppen: Grafiker,
Musiker und Programmierer. Jeder liefert einen Teilbereich zu
einer Art Kurzfilm, wie wir sie beispielsweise von Kino und
Werbung kennen. Die kreativen Ideen werden zusammengesetzt,
miteinander kombiniert und schließlich so auf dem Computer
gespeichert, dass am Ende das fertige Demo per Knopfdruck
automatisch abläuft."
Die Kunst dabei ist es, möglichst anspruchsvolle Sound- und
Lichteffekte sowie dreidimensionale Bewegungen zu integrieren
und diese in extrem kleiner Speicherform zu programmieren.
Maximal 64 Kilobytes, also etwa ein Zwanzigstel der
Speicherkapazität einer handelsüblichen Diskette, dürfen
belegt werden. "Das ist kein Kinderspiel", versichert
Brüggemann glaubhaft, indem er ein fünfminütiges Demo
präsentiert, das genauso wenig Speicherplatz benötigt, wie ein
einseitiger Brief. Bis zu einem Jahr lang arbeiten die
Kleingruppen international an einem Projekt, das schließlich
bei Festivals vorgeführt und bestaunt werden soll. Zum Anreiz
finden Wettbewerbe verschiedener Kategorien statt, um die
Besten unter den Besten auszuzeichnen. Alle Demos stehen kurze
Zeit später im Internet kostenlos zum Herunterladen zur
Verfügung.
Leider "Männersache"Die kritische Distanz zu den Insidern
weicht rasch Faszination und Respekt. "Schade, dass so wenig
Frauen dabei sind", bedauert die Organisationscrew. Zwar sah
der Veranstalter bei weiblichen Besuchern vom 40 Euro teuren
Eintritt ab, aber trotzdem trauten sich die Frauen nur sehr
vereinzelt an die Technik. Allerdings seien die, die dabei
waren, richtig gut, freut sich Brüggemann. "Und das imponiert
wiederum den Männern."
Daniel, ein Teilnehmer aus der Schweiz, freut sich bereits
auf die nächste Veranstaltung. "Wir sind hier alle nur am
arbeiten, nicht wie bei einer LAN-Party, bei der nur gespielt
wird", berichtet er.
"Das ist verdammt anstrengend, und die Anreise ist auch
nicht gerade unbeschwerlich, aber mit der Zeit lernt man in
dieser Szene weltweit so viele neue Leute kennen, dass man
diese unbedingt wieder sehen und mit ihnen etwas entwickeln
möchte." Letztes Jahr sei er extra zu einem Festival nach
Holland gereist, um australische Freunde zu treffen. Ein
Hobby, das verbindet.